Antrag 1 / Antragsteller UB Vorderpfalz
Handel nicht frei, sondern fair
Sozialdemokratische Anforderungen an TTIP
Seit Juli 2013 finden Verhandlungen zwischen der EU und den USA mit dem Ziel statt, ein Handelsabkommen (TTIP – Transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen) abzuschließen. Die im Zusammenhang mit diesen Verhandlungen und einem möglichen Abkommen diskutierten Befürchtungen nimmt die SPD sehr ernst und bezieht deshalb klar Stellung:
Viele Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck, dass die Verhandlungen einseitig gegen ihre Interessen und im Wesentlichen zugunsten von wirtschaftlich mächtigen Interessen ausgerichtet sind, neo-liberale Wirtschaftsvorstellungen vorherrschen und dadurch soziale Rechte und gute Standards in Frage gestellt werden. Auf der anderen Seite kann aber ein gutes und faires Abkommen auch zur Verbesserung der sozialen Standards beitragen und Arbeitsplätze in Deutschland und Rheinland-Pfalz stärken. Risiken und Chancen eines Abkommens müssen daher sorgfältig geprüft werden. Deswegen ist für die SPD eine breite innerparteiliche und öffentliche Diskussion zentral und sie wird diese begleiten und mit gestalten.
Die SPD tritt auf allen Ebenen für ein größtmögliches Maß an Transparenz in den Verhandlungen ein. Nur so kann eine sachgerechte Diskussion geführt werden. Das Verhandlungsmandat und die Verhandlungstexte müssen daher öffentlich sein. Der Widerstand dagegen aus den USA und auch aus dem Ministerrat der 28 Regierungen der Europäischen Union ist nicht akzeptabel. Das werden wir nicht hinnehmen.
Die SPD wird ein TTIP-Abkommen nicht akzeptieren, wenn es zu einer Absenkung der europäischen und deutschen Standards z. B. in den Bereichen Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Klimaschutz oder Datenschutz führt. Die hohen sozialen Standards in Deutschland und Europa dürfen nicht angetastet werden. Kulturelle Vielfalt in der EU und der Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge sind nicht verhandelbar.
Ebenso wird die SPD nicht akzeptieren, die Gesetzgebungshoheit in Deutschland oder der EU durch ein TTIP-Abkommen einzuschränken. Die Einrichtung von Regulierungsausschüssen, die nach Abschluss der Verhandlungen in sogenannten „nachgelagerten Verfahren“ weiter Regulierungsfragen verhandeln und Vereinbarungen treffen, lehnt die SPD ab. Dadurch würde die demokratische Kontrolle des Parlaments ausgehöhlt.
Einen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS), der es Investoren bei der vermeintlichen Verletzung ihrer Investorenrechte ermöglichen würde, Staaten vor internationalen Schiedsstellen außerhalb nationaler Rechtssysteme direkt auf Schadensersatz wegen angeblich entgangener Gewinne aufgrund staatlichen Handelns, z.B. durch neue Umweltgesetze, zu verklagen, lehnt die SPD ab. ISDS ist zwischen entwickelten Rechtsstaaten nicht notwendig. Demokratisch herbeigeführte Entscheidungen für das Allgemeinwohl dürfen nicht in Frage gestellt werden.
Für die SPD muss in einem Abkommen Arbeitnehmerrechten ein besonderer Stellenwert zukommen. Fairer Handel kann sich nur unter fairen Bedingungen vollziehen und nicht Lohn- und Sozialdumping fördern. Deswegen kann es kein TTIP ohne ein ehrgeiziges Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung mit den USA geben, das ein hohes Niveau bei Arbeit- und Umweltschutz auf beiden Seiten des Atlantiks sichert. So haben die USA immer noch nicht die zentralen Kernarbeitsnormen der ILO ratifiziert und umgesetzt. Eine entsprechende Absenkung von Standards auf das in den USA geltende Niveau der Arbeitsnormen weisen wir entschieden zurück.
In einem guten Abkommen können Chancen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch für europäische Unternehmen liegen. Mit einem guten Abkommen kann ein Beitrag zur Reindustrialisierung Europas geleistet werden und es können sich Dienstleistungen weiter entwickeln. Dazu müssen aber die Prinzipien von „Guter Arbeit“ gesichert sein, das bedeutet zum Beispiel die Anerkennung von Tarifverträgen und die gleiche Entlohnung und gleiche Bedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Dafür streitet die SPD auf allen Ebenen. Das Abkommen muss zudem verbindliche gemeinsame Regeln zur Regulierung der Finanzmärkte enthalten, einschließlich der Regulierung von Finanzdienstleistungen und Finanzmarktprodukten.
Kräfte, die von vornherein aus politisch-taktischen Gründen jede Verhandlung ablehnen, ohne auf den Inhalt Einfluss zu nehmen oder konservative Kräfte, die prinzipiell aus geopolitischen Gründen zustimmen wollen, ohne den zukünftigen Inhalt überhaupt zu bewerten, gehen nicht seriös mit den Verhandlungen um. Wir als SPD loten Chancen und Probleme aus und knüpfen daran die Entscheidung. Über ein Abkommen entscheidet das Europäische Parlament. Dass sozialdemokratische Europaabgeordnete ihr Recht, bei Handelsabkommen auch Nein zu sagen, sehr ernst nehmen, hat die von ihnen geführte Ablehnung des ACTA-Abkommens gezeigt, dem das Europäische Parlament wegen inhaltlicher Schwächen seine Zustimmung verweigerte und es damit scheitern ließ.
Bisher haben die Verhandlungen kaum Fortschritte gemacht. Es gibt noch keinen Text oder Festlegungen. Der bisherige Stand der Verhandlungen ist ernüchternd. Die
wichtigen Punkte Zölle, Standards, Verfahren zur Standardsetzung und Produktzulassung sowie öffentliche Beschaffung scheinen kaum zu gemeinsamen Ergebnissen zu führen. In vielen Bereichen haben die
US-Unterhändler sich überhaupt nicht bewegt bzw. völlig unzureichende Angebote vorgelegt. Die USA müssen sich bezüglich der europäischen Vorstellungen und dem europäischen Modell des Sozialstaates
und der Teilhabe deutlich flexibler zeigen, damit die Verhandlungen nicht scheitern. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden nach der Einrichtung einer neuen EU-Kommission und den
Kongresswahlen in den USA im
November eine kritische Bewertung der Verhandlungen vornehmen und über das weitere Vorgehen entscheiden.
Der NSA-Skandal hat das Vertrauen zu dem Handelspartner USA nachhaltig beeinträchtig. Deshalb muss es eine Vorbedingung für den Abschluss eines Handelsabkommens mit den USA sein, eine Vereinbarung gesonderter Art zu treffen, die den Datenschutz sichert und die ungezügelten Aktivitäten der Geheimdienste beendet. Der rechtliche Status der persönlichen Daten und der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Datenspionage in der EU und den USA ist zu garantieren.
Begründung:
Die USA sind ein großer Absatzmarkt für Produkte aus Rheinland-Pfalz. 2013 lag der Export in die USA bei 4,5 Milliarden Euro, die Importe aus den USA lagen im Wert von 2,3 Milliarden Euro. Bei den Ausfuhrzielen sind die USA nach Frankreich das zweitwichtigste Ziel-Land für Rheinland-Pfalz. Der Abbau von Zöllen würde deutliche Kosteneinsparungen mit sich bringen und Exportmöglichkeiten erhöhen. In einer Umfrage der IHK RLP haben über 90% aller Betriebe angegeben, dass sie enge Wirtschaftsbeziehungen zu den USA haben, fast die Hälfte der Unternehmen unterhalten sogar Niederlassungen in den USA. Eine Abschaffung von bestehenden US-Handelshemmnissen für europäische Produkte und Dienstleister und verbesserter Zugang zum US-Markt für öffentliche Beschaffung können neue Absatzmärkte schaffen. Durch Vereinbarungen zu technischen Standards können doppelte Zulassungsverfahren und aufwändige Einfuhrformalitäten vermieden werden, wodurch vor allem KMUs unnötige Kosten einsparen würden. In einer globalisierten Wirtschaft könnten mit dem Abkommen weltweit gute Regeln und hohe Standards gesetzt und unser europäisches Sozialmodell verankert werden. Ein Handelsabkommen zwischen der EU und den USA kann auch Chancen bieten, um einer globalisierten Wirtschaft stärker Spielregeln zu geben. Den Handel ergänzende Vorschriften in einem Handelsabkommen betreffen die Sozial- und Umweltstandards. TTIP kann die Chance bieten, die Arbeitnehmerrechte in den USA zu stärken. Die grundlegenden ILO-Standards hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit, der Anerkennung von Gewerkschaften und der Schaffung von Betriebsräten müssen dabei als Orientierung dienen und im Abkommen verankert werden. Das Abkommen kann eine Möglichkeit sein, die Abwärtsspirale bei Lohn- und Arbeitsstandards unter Rechtfertigung der angeblichen Wettbewerbssituation zu durchbrechen. Diese Chance wird auch von den US-amerikanischen Gewerkschaften gesehen, die sich deshalb – genau wie die Demokraten im US-Kongress – zum ersten Mal nicht prinzipiell gegen ein Handelsabkommen positionieren.
Durch die Geheimhaltung der Verhandlungen entstehen viele Gerüchte und Befürchtungen. Die Sorgen und Befürchtungen müssen ernst genommen werden. Für anhaltendes Misstrauen sorgt zudem weiterhin die Weigerung, Dokumente zum Verhandlungsstand der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber nur mit transparenten Verhandlungen kann das notwendige Vertrauen der europäischen Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Institutionen der EU erhalten werden.
In den Verhandlungen über ein Handelsabkommen müssen natürlich unsere Interessen gesichert bleiben. Die in der EU geltenden Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz-, Lebensmittel-, Umwelt- und Gesundheitsschutzvorschriften dürfen nicht in Frage gestellt werden. Unser Sozialmodell mit öffentlich garantierter kultureller Vielfalt und öffentlich organisierter Daseinsvorsorge darf ebenfalls nicht in Frage gestellt werden. Im Gegenteil, unsere europäischen Traditionen und Werte sind leitend für die Verhandlungen.
Der besonders kritische Punkt im TTIP-Verhandlungsprozess ist die Frage des Investitionsschutzes. Offenbar wollen US-Verhandler und die Europäische Kommission hier einen sogenannten Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) vereinbaren. Dies würde es Investoren ermöglichen, die EU oder Mitgliedstaaten jenseits vom normalen juristischen Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten direkt auf Entschädigung für entgangene Gewinne zu verklagen. Diese Schiedsgerichte sind höchst intransparent. Damit würde es privaten Investoren ermöglicht, gegen von souveränen Staaten erlassene Gesetzgebung auch in den wichtigen Bereichen Gesundheit, Umwelt oder Verbraucherschutz vorzugehen. Das Beispiel von Vattenfall mit dem Versuch einer Klage gegen Deutschland auf über 3 Milliarden Euro Schadenersatz im Rahmen des Atomausstiegs sollte warnendes Beispiel sein. Oft reicht aber auch allein die Androhung einer Klage, um Gesetzgebung zu verhindern oder zu verwässern. Zudem besteht die Gefahr, dass Investoren aus den USA, die in der EU tätig sind, auf diesem Wege größere Rechte eingeräumt werden, als sie europäischen Unternehmen gewährt sind. Ein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus zwischen Staaten mit zuverlässigen und entwickelten Rechtssystemen wie im Falle von TTIP ist aus Sicht der SPD deshalb abzulehnen.
Australien hat in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage erteilt. Dies sollte als Vorbild dienen. Offensichtlich ist sich die EU-Kommission ihrer Sache auch selbst nicht mehr so sicher und hat den ISDS-Teil der Verhandlungen ausgesetzt, um eine öffentliche Konsultation durchzuführen. Über 100.000 Eingaben sind ein deutliches Zeichen für die Problematik dieses Instrumentes.
Jutta Steinruck, MdEP
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Antrag 2 / Antragsteller UB Südpfalz
Keine neuen Grenzen schaffen - Allgemeine PKW-Maut ablehnen!
Die pfälzische SPD lehnt die aktuellen Pläne des Bundesverkehrsministeriums zur Einführung einer für alle deutschen Straßen geltenden PKW-Maut ab. Wir fordern die SPD-Bundestagsfraktion auf, im Bundestag gegen eine solche Maut zu stimmen.
Begründung:
Das Zusammenwachsen unseres Kontinents ist ein hohes Gut. Wir leben vom kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit unseren Nachbarn. Es wäre ein ziemlicher Rückschritt, wenn wir an den Grenzen künftig Eintrittsgelder verlangen würden. Viele Geschäfte in Grenznähe sind auf Kundschaft aus Frankreich angewiesen, die durch eine Vignettenpflicht ausbleiben könnten. Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die negative Folgen für grenznahe Regionen bei der Einführung einer solchen Maut ausschließen könnten. Jede Behinderung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs schadet der Gastronomie und dem Handel in der Pfalz und damit auch unserem Wohlstand. Auch ist mit ähnlichen Reaktionen in anliegenden europäischen Ländern zu rechnen, die der Idee der europäischen Freizügigkeit elementar entgegen wirken würden. Die wirtschaftliche Angemessenheit ist aufgrund der zu erwartenden Bürokratiekosten nicht gegeben und eine europarechtswidrige Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern anderer Herkunftsländer wahrscheinlich.
Bei den Koalitionsverhandlungen wurde im Zusammenhang mit der Einführung einer PKW-Maut stets von Autobahnen gesprochen, nicht von allen Straßen. Da der Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag auf diesen Annahmen fußt, kann auch die Koalitionsraison keine Begründung für ein Mittragen der Mautpläne sein. Aus diesem Grund fordern wir die SPD-Bundestagsfraktion auf, eine allgemeine PKW-Maut zu verhindern.
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Resolution
Entwicklung einer neuen Konversions- und Zukunftsstrategie für die Region Zweibrücken
Die SPD steht für eine erfolgreiche Konversion im Raum Zweibrücken und wird auch jetzt mit vereinten Kräften für eine gute Zukunft der Stadt und der Region kämpfen
Die Insolvenz des Flughafens Zweibrücken war wegen des Negativentscheides der EU-Kommission und dem damit verbundenen Aus für weitere Hilfen für den Flughafen Zweibrücken unumgänglich. Diese Entscheidung der EU-Kommission ist für die Betroffenen am Flughafen, die Menschen in der Region und für uns als pfälzische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nur schwer nachvollziehbar. Hier wurde am grünen Tisch entschieden - ohne den volkswirtschaftlichen Nutzen des Flughafens für die Stadt und die Region angemessen zu würdigen.
Die SPD-geführte Landesregierung hat bis zur letzten Minute in Brüssel für einen positiven Ausgang gekämpft. Denn der Flughafen Zweibrücken ist Teil einer erfolgreichen Konversion in der Region, den die SPD maßgeblich vorangebracht hat. Als die Amerikaner 1991 den Standort Zweibrücken aufgegeben haben, gingen etwa 1.400 Arbeitsplätze verloren. Um die wirtschaftliche Lage zu verbessern und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, haben Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, egal ob in kommunaler oder landespolitischer Verantwortung, gehandelt. Im Schulterschluss mit der Region wurde ein Konversionsprogramm aufgelegt. Schnell entstand in der Region eine innovative Infrastruktur. Mit dem Flughafen, den Style Outlets, dem Multimedia-Internet-Park und einem innovativen Freizeit- und Tourismussektor entstanden so fast 3000 Arbeitsplätze.
Darauf kann die SPD stolz sein. An diese Erfolgsgeschichte wollen wir auch jetzt anknüpfen und gemeinsam eine neue Konversions- und Zukunftsstrategie für die Region entwickeln. Dabei arbeitet die SPD-geführte Landesregierung unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer Hand in Hand mit den kommunalen Vertreterinnen und Vertretern - auch über Parteigrenzen hinweg. Höchste Priorität haben die Beschäftigten des Flughafens. Hier war schnelles und unbürokratisches Handeln gefordert. Das Sozialministerium hat gemeinsam mit der Arbeitsagentur einen zielgerichteten Transferplan zur Sicherung der Beschäftigungsperspektiven der Flughafenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter auf den Weg gebracht. Ziel ist es, die betroffenen Beschäftigten möglichst schnell wieder in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen oder individuelle Weiterbildungsangebote zu machen. Auch die von der Landesregierung vor wenigen Tagen vorgestellte Zukunftsstrategie für Zweibrücken ist ein wichtiger Schritt und wird einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Zweibrücken leisten. Dabei gilt es, die Menschen in der Region und die Wirtschaft direkt mit zu beteiligen. Der Ausbau der Breitbandversorgung, wichtige Weiterentwicklung der baulichen Infrastruktur, die Ansiedelung von Unternehmen und eine Stärkung des Tourismus – das sind nur einige Maßnahmen der breit aufgestellten Zukunftsstrategie.
Nur wenn wir gemeinsam die aktuelle Herausforderung anpacken wird es trotz des Neins der EU-Kommission zum Flughafen Zweibrücken gelingen, die erfolgreiche Konversion in der Region fortzusetzen.